Eine der schwersten Aufgaben in der Mediationsausbildung ist es nicht unbedingt, die Prozesse und Werkzeuge eines Mediators zu lernen. Das Hineinschlüpfen in die Rolle des Mediators ist eine Aufgabe, die nicht zu unterschätzen ist. Als dritte Instanz im Raum gehört es zu den Grundprinzipien des Mediators, neutral und allparteilich zu sein. Wobei sich diese beiden Begriffe wahrscheinlich eher gegenseitig ausschließen. Ist man neutral, bedeutet das wohl, keine Partei einzunehmen und unabhängig zu sein. Allparteilichkeit ist jedoch so zu verstehen, dass der Mediator sowohl der einen als auch der anderen Seite den Rücken stärkt und hilft, gehört zu werden. Doch ist das wirklich so leicht?

Schon im Vorgespräch einer Mediation können erste Schwierigkeiten auftreten. Möchte man den Inhalt des Konflikts bereits vor dem ersten Treffen kennen? Wenn ja, ist es sinnvoll, von der angerufenen Partei den subjektiven ersten Eindruck zu bekommen?

Stellt man nach einem Vorgespräch und vor der ersten Sitzung Hypothesen zum Konflikt auf, ist die Allparteilichkeit schon gefragter denn je. Dazu kommt, dass das menschliche Gehirn sofort alle möglichen Lösungsideen konstruiert. Auch hier lehrt die Mediationsausbildung bereits den Beginn der Aufgabe eines Mediators, nämlich sich zurückzunehmen und zu besinnen, dass der Konflikt nur zwischen den Parteien ausgetragen wird. Der Mediator als Instanz gibt keine Lösung vor, er hilft den Medianten lediglich selbst eine Einigung zu finden.

Mediator zu sein ist also neben Erlernen des Prozesses und den vielen kleinen Werkzeugen vor allem eine Einstellung, die einem selbst auch eine Menge über die eigene Persönlichkeit beibringt.

 

Valentin Schiwng, Mediationsausbildung, Frühjahr 2021